Einsame Spitze! 200 Jahre KINDERMODE

Mel B und Queen Vic. Im Brüsseler Fashion & Lace Museum wird einem klar, mit welcher Wucht die beiden Britinnen selbst die Kindermode beeinflusst haben. Scary Spice lenkte Galliano auf die Girl Power-Schiene, Königin Victoria segelte mit ihrem Powersuit bis ins Jahr 2023. – Welche Klassiker haben die Zeit überlebt? Wie haben sich Genderklischees eingefärbt? Welche Rolle spielte das Kind? Die Mode-Ausstellung KIDORAMA wirft einen hochinteressanten Blick auf 200 Jahre Kindermode. Zum Ausklang lassen wir die Highlights Revue passieren …

Vom Mini Me zum Mini Influencer

Nie ohne Pantalettes: Unterm Kleid aus Pongéseide trug Madame in spe stets eine Art Vorläufer der Leggings © Andrea Anoni

Nie ohne Pantalettes: Unterm Kleid aus Pongéseide trug Madame in spe stets eine Art Vorläufer der Leggings © Andrea Anoni

Bevor die Kindermode einen selbstständigen Weg einschlug, tappste das Kind als schmückendes Mini Me-Anhängsel nebenher. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete sich nach und nach praktische Mode, die speziell für den kindlichen Komfort entworfen wurde – besonders zwei Modelle haben sich zu Dauerbrennern der Kindermode manifestiert …

Unverwüstlich … Die Ikonen der Kindermode

Knapp 100 Jahre trennen das ROWE Ensemble (rechts) und den Sailor Suit von TOM & BOY (Mitte) © @brusselswalks

Knapp 100 Jahre trennen das ROWE Ensemble (rechts) und den Sailor Suit von TOM & BOY (Mitte) © @brusselswalks

Die Queen und der Marine-Spleen: Hätte Königin Victoria ihre „Flotten-Marotte“ nicht so exzessiv zur Schau gestellt, dann hätte der Sailor-Style niemals so hohe Wellen geschlagen. Mit Top-Influencern im Schlepptau, Sohn „Bertie“ und Enkel Wilhelm, hat Queen Vic einen Macro-Trend lanciert, der volle Kraft voraus in die Kindergarderobe steuerte. Noch heute inspiriert der Matrosenanzug wie jüngst das Unisex-Label TOM & BOY

Der Sailor als Jogger: Für AW22 hat TOM & BOY den Klassiker der Kindermode neu interpretiert © (left) Andrea Anoni

Der Sailor als Jogger: Für AW22 hat TOM & BOY den Klassiker der Kindermode neu interpretiert © (left) Andrea Anoni

Peter Pan-Kragen, Puff-Ärmelchen, Smok-Details – in royalen Familienalben rauf und runter getragen, thront das gesmokte Kleid als der Prototyp der kindlichen Niedlichkeit noch immer ganz oben. Eine Ikone der Kindermode. Auch, weil es wie der Matrosenanzug speziell auf den Komfort des Kindes zugeschnitten wurde. Das Smoken war nämlich nicht einfach nur Zierde, sondern diente mit seinem elastischen Effekt der Bewegungsfreiheit, noch bevor es überhaupt Elastikgarne gab.

Klassisch, aber niemals out: Das gesmokte Kleid ist stets mit der Zeit gegangen © Andrea Anoni

Klassisch, aber niemals out: Das gesmokte Kleid ist stets mit der Zeit gegangen © Andrea Anoni

A Girl? or A Boy?

Rosa für Jungs? Bis in die 30er Jahre nicht ungewöhnlich, aus heutiger Sicht nahezu bahnbrechend © Andrea Anoni

Rosa für Jungs? Bis in die 30er Jahre nicht ungewöhnlich, aus heutiger Sicht nahezu bahnbrechend © Andrea Anoni

Can Boys wear Pink? Ja, können sie, sagt Simon Porte Jacquemus. Sein pinkes Unisex-T-Shirt wirft in der Mode-Ausstellung Kidorama eben diese Frage auf. Und es zeigt, wie stark sich Genderklischees in unserer Gesellschaft eingebläut haben. Dabei ist Rosa für Jungs alles andere als revolutionär. Noch bis ins 20. Jahrhundert galt das „kleine Rot“ als die Jungsfarbe, während Mädchen in Madonnenblau gehüllt wurden. Nach dem „Farbwechsel“ mag uns die „Jardinière“ aus den 30er Jahren (links oben) für einen Jungs-Playsuit also ziemlich strange erscheinen.

Fein raus … Kindermode, die sich gewaschen hat!

Lieber Schleudergang statt Stillstand: Caroline Bosmans will die Eintönigkeit aus der Kindermode waschen © Merlin Meuris

Lieber Schleudergang statt Stillstand: Caroline Bosmans will die Eintönigkeit aus der Kindermode waschen © Merlin Meuris

Auch wenn sich das Rosa-Hellblau-Klischee noch nicht ganz ausgewaschen hat, ist die Kindermode auf dem besten Weg überholte Stereotypen zu überholen. Und sie wird immer mutiger! Vorreiterin ist derzeit zweifelsohne Caroline Bosmans. Die belgische Avantgarde-Designerin nimmt mit ihren progressiven Entwürfen das Image des braven Kindes auf die Schippe und bricht mit den minimalistischen Tendenzen der letzten Jahre. Ihr revolutionärer Sonntagsstaat steht in der Mode-Ausstellung Kidorama im krassen Kontrast zur herkömmlichen Festtagsgarderobe …

Sunday Best … Outdated?

Piekfein durch die Zeit: So warfen sich die Kiddies von 1900 bis 2020 in Schale © Andrea Anoni

Piekfein durch die Zeit: So warfen sich die Kiddies von 1900 bis 2020 in Schale © Andrea Anoni

Dress Up for Sunday! Früher eine Selbstverständlichkeit, haftet dem Begriff Sonntagsstaat heute etwas Überholtes und Nostalgisches an. Auch wenn die Kids weiterhin zu Familienfeiern und Hochzeiten rausgeputzt werden – Eine mit Diamanten bestickte Babyhaube für den Sonntagsspaziergang und dieses mit Kaninchenfell besetzte Reiseoutfit für einen zweijährigen Jungen? Ziemlich dekadent aus heutiger Sicht und in der Tat Mode-Relikte, die wir nur noch im Museum bewundern werden …

Anders als heute, war das Reisen in den 30er Jahren die Gelegenheit für den großen Show-Off © Jean-Michel Byl

Anders als heute, war das Reisen in den 30er Jahren die Gelegenheit für den großen Show-Off © Jean-Michel Byl

TROUBLE UNDERSTANDING GERMAN? JUST VISIT DEEPL AND YOU’RE DONE!

Images by © Andrea Anoni for Kidorama; Third Image by © Marianne Chagnon @brusselswalks; Fourth Image (right) by © Tom & Boy; Seventh Image by © Merlin Meuris for Caroline Bosmans; Ninth Image by © Jean-Michel Byl for Fashion & Lace Museum. All Rights Reserved

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